
Tumore
Sie befinden sich hier:
- Tumore des zentralen Nervensystems im Kindes- und Jugendalter
- Das Konzept der Behandlung
- Technische Hilfsmittel
- Häufigkeit der Erkrankung
- Die häufigsten Tumore im Kindes und Jugendalter
- Niedriggradige Astrozytome
- Medulloblastom
- Ependymom
- Kraniopharyngeom
- Tumore der Pinealisregion
- Andere Tumore
- Spinale Tumore
- Intramedulläre Tumore
- Extramedulläre Tumore
Tumore des zentralen Nervensystems im Kindes- und Jugendalter
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Das Konzept der Behandlung
Die Behandlung der Tumorerkrankungen im zentralen Nervensystem bei Kindern und Jugendlichen hat in den letzten Jahrzehnten bemerkenswerte Fortschritte erzielt. Dies ist begründet durch die Weiterentwicklung der Operationstechniken, der Bestrahlung und der Chemotherapie. Zusätzlich hat die zunehmende Kooperation zwischen den Disziplinen und zwischen den Zentren in Deutschland und Europa den Durchbruch zur Optimierung bestehender Therapieformen erbracht. Auf eben diesen Säulen beruht auch die Tumorbehandlung in unserem Arbeitsbereich der Kinderneurochirurgie an der Charité. Wir sind in stetiger und enger Kommunikation mit den erfahrenen Disziplinen der Kinderneuroonkologie und der Strahlentherapie im Hause. Genauso, ist unser Zentrum eng an die Netzwerke der deutschen Gesellschaft für pädiatrische Hämatologie und Onkologie (GPOH) und der Hirntumore im Kindesalter (HIT) sowie international an Gesellschaften der "Societé internationale oncologique pediatrie (SIOP)" aktiv angebunden. Auch die korrekte Diagnosestellung anhand einer detailierten Gewebeuntersuchung wird sowohl mit großer Expertise durch die Neuropathologie im Hause und zusätzlich in einem nationalen Referenzentrum vorgenommen. Hierdurch können weitreichende Erfahrungen für die Betroffenen nuzbar gemacht werden, um die Behandlung erfolgreicher und auch erträglicher zu gestalten.
Technische Hilfsmittel


Im Bereich der Kinderneurochirurgie haben sich die technischen Möglichkeiten in den letzten Jahrzehnten enorm verbessert. Die mikrochirurgische Operationstechnik gehört heutzutage zum Standard. Ein technisch verbessertes Instrumentarium ermöglichen die schonendere Tumorentfernung und die detailgetreue Darstellung des Gehirns, seiner Hüllen und Gefäße, welche vor allem durch die multimodale Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht wird, dient der genauen Operationsplanung. Letztere kann ebenso in Computersysteme, wie der sog. Neuronavigation, integriert werden, um die Planung exakt auf den einzelnen Patienten übertragen zu können. Diese computer-gestützte Operationstechnik wird durch eine dreidimensionale MRT ermöglicht. Anhand dieser Bilder kann eine Rekonstruktion des Kopfes in allen Schnittebenen auf einem Computer widergegeben werden. Der Tumor kann auf den Bildern markiert und der optimale und schonendste Zugangsweg virtuell geplant werden. Die Daten werden dann in den Operationssaal geschickt und durch die Identifizierung der Position des Patienten im Raum kann nun das Neuronavigationssystem markierte Instrumente in Relation zur Anatomie des Kopfes auf einem Bildschirm angezeigt und kontrolliert werden. Ebenso kann in dem Gesichtsfeld des Mikroskopes die für die Operation wichtigen Strukturen wie auch der Tumor dargestellt werden noch bevor sie im Operationsfeld selbst erscheinen. Hierdurch ist eine sehr gezielte Tumoridentifizierung und -entfernung möglich. Zusätzliche technische Weiterentwicklung elektrophysiologischer Methoden ermöglicht die intraoperative Überwachung von wichtigen Hirnfunktionen, welche hierdurch während der Operation besser geschützt werden können. Prinzipiell kommen als operative Behandlungsverfahren neben der Tumorentfernung auch andere Operationsmethoden zur Behandlung der Patienten in Frage, wie z.B. die diagnostische Operation durch minimalinvasive Nadelbiopsien, die Entlastung von Tumorzysten durch Katheterplatzierungen und die Therapie eines sekundär entstandenen Hirnnervenwasseraufstaus durch endoskopische Verfahren oder die Anlage von Liquorshuntsystemen (siehe auch beim Krankheitsbild Hydrocephalus).
Häufigkeit der Erkrankung
Hirntumore im Kindes- und Jugendalter sind zwar insgesamt selten (ca. 4 Neuerkrankungen auf 100.000 Einwohner pro Jahr) jedoch ist es gleichzeitig die häufigste solide Tumorerkrankung im Kindesalter. Die Art der Hirntumore unterscheidet sich von denen der Erwachsenen erheblich. Das vielseitige Erscheinungsbild sowie der Ursprung der Tumore sind sehr verschieden. Zusätzlich unterscheiden sich die Therapieprotokolle grundlegend von denen im Erwachsenenalter. Die natürliche Tatsache, dass nicht nur das Kind sondern auch die Familie von der Erkrankung betroffen sind, erfordert ein multidisziplinäres Team, um ausreichend auf die Ansprüche der Behandlung in spezialisierten pädiatrischen Zentren eingehen zu können. Die Familie wird bei der Behandlung fest mit in die Therapie einbezogen und hat einen hohen Stellenwert, um mit gemeinsamen Kräften eine erfolgreiche Therapie zu ermöglichen.
Die häufigsten Tumore im Kindes und Jugendalter
Niedriggradige Astrozytome

Das pilozytische Astrozytom ist der häufigste Hirntumor im Kindesalter. Er wird von der WHO als Grad I (gutartig) eingestuft. Die Lokalisation betrifft typischerweise die hintere Schädelgrube oder Mittellinienstrukturen. In der Regel lassen sich diese Tumore des Kleinhirns in der hinteren Schädelgrube operativ therapieren. Bei den meisten Lokalisationen ist die operative Therapie die erste Option. Im Falle einer unvollständigen Tumorentfernung müssen individuelle Konzepte, welche durch beobachtende Haltung, Bestrahlung oder Chemotherapie erwogen werden. Die Prognose ist insgesamt gut. Bei vollständiger Entfernung, welche zum Beispiel in der hinteren Schädelgrube fast immer möglich ist, ist die 10-jahres Überlebensrate bei nahezu 100% während bei inkompletter Entfernung die Rate bei bis ca. 80% liegt.
Astrozytome können seltener auch mit einem höheren Grad diagnostiziert werden. Zu diesen gehören pilomyxoide, diffus-fibrilläre, anaplastische Astrozytome und das Glioblastom. Eine multimodal abgestimmte Therapie ist hier der Weg der individuell anhand der Protokolle des Kompetenznetzes abgestimmt werden muss.
Medulloblastom

Das Medulloblastom ist als zweithäufigster Hirntumor des Kindesalter in der hinteren Schädelgrube lokalisiert. Der Tumor wird von der WHO als Grad IV eingestuft und muss daher als bösartig bezeichnet werden. Dennoch ist durch die intensive Therapie eine Heilung in den meisten Fällen möglich. Hier sind eine Operation, eine Chemotherapie und ggf. eine Bestrahlung notwendig. Die Abstimmung der Therapie erfolgt in Abhängigkeit des Alters und der Ausbreitung des Tumors innerhalb des Nervensystems. Mit dem bereits gut optimierten Therapieprotokoll können 10-Jahres-Überlebensraten von über 70 Prozent erreicht werden.
Der Tumor kann auch in den Hirnhemisphären vorkommen und wird hier als primitiv neuroektodermaler Tumor (PNET) bezeichnet. Ein ähnliches Therapiekonzept wie bei dem Medulloblastom muss auch für diesen Tumor verfolgt werden.
Ependymom

Das Ependymom kann verschiedene Lokalisationen im Gehirn aufweisen liegt aber am häufigsten in der hinteren Schädelgrube. Die WHO graduiert den Tumor als Grad II oder III. Die Operation ist die wichtigste Therapieoption dieser Tumore. Eine vollständige Entfernung ist jedoch nicht immer möglich, da eventuell Hirnnerven mit wichtigen Funktionen von dem Tumor umwachsen werden können. Als Zweites stehen die Strahlentherapie und die Chemotherapie zur Verfügung. Diese wird in Abhängigkeit von der Radikalität der Tumorentfernung, der Graduierung und Ausbreitung des Tumors und des Alters angewendet. Gegebenenfalls müssen die Therapieoptionen auch wiederholt werden. Die Prognose liegt entsprechend des definierten Protokolls bei vollständiger Resektion des Tumors bei einer 4-Jahres-Überlebensrate von 80 Prozent und bei unvollständiger Entfernung bei bis zu 70 Prozent.
Kraniopharyngeom

Das Kraniopharyngeom ist ein sogenannter Fehlbildungstumor, der typischerweise in der mittleren Schädelbasis seinen Ursprung hat. Das primäre Ziel der Therapie ist eine Operation des Tumors. Aufgrund Lokalisation des Tumors zu den benachbarten Strukturen des Sehnerven, der hormonregulierenden Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und des Hypothalamus sowie der vorderen Hirnschlagadern (Arteria Carotis interna) ist die Schonung der hirneigenen Funktionen von hohem Stellenwert. Der Funktionserhalt muss gegenüber einer radikalen Tumoroperation abgewogen werden. Das trifft umso mehr zu, da es sich bei dem Tumor histologisch um einen WHO Grad I Tumor handelt, welcher häufig ein langsames Wachstum aufweist. Bei erneutem Tumorwachstum muss eventuell eine wiederholte Operation erfolgen. Bei rein zystischen Kraniopharyngeomen besteht die Möglichkeit einer minimalinvasiven Kathetereinlage zur Entlastung einer Raumforderung oder auch zur medikamentösen Behandlung mit Bleomycin innerhalb der Zyste. Die Bestrahlung wird ab einem Alter von 5 Jahren als zusätzliche Option angewendet und hat vielversprechende Ergebnisse in kleinen Fallzahlen gezeigt. Der genaue therapeutische Wert wird zurzeit im Rahmen einer multizentrischen Studie getestet. Die Prognose liegt bei einer 10-Jahres-Überlebensrate von rund 87 Prozent.
Tumore der Pinealisregion

Diese Tumore haben einen vielschichtigen Ursprung. Am häufigsten sind die sogenannten Keimzelltumore. Hierbei unterscheidet man zwischen Germinomen und Nicht-germinomatösen Tumoren. Die Germinome können mittels einer Liquorpunktion diagnostiziert werden und sind mit einer guten Erfolgsrate von etwa 86 Prozent mit Bestrahlung und Chemotherapie zu heilen. Bei unklaren Voraussetzungen ist jedoch eine Biopsie des Tumors notwendig.
Bei den nicht-germinomatösen Keimzelltumoren wird das reife Teratom primär durch Operation mit meist sehr gutem Therapieerfolg behandelt. Die übrigen Tumore dieser Gruppe wie
- Dottersacktumor,
- gemischte Keimzeltumore,
- maligne Teratome und embryonale Karzinome
müssen primär biopsiert werden. Nach Diagnosestellung erfolgt in der Regel zunächst eine Chemotherapie, gefolgt von einer Operation und einer erneuten Chemotherapie. Dieses Therapiekonzept hat eine Erfolgsaussicht von 70 Prozent Überlebensrate nach 5 Jahren erbracht.
Weitere Tumore dieser Region sind die Tumore des Pinealisgewebes. Durch eine Biopsie muss bei diesen ebenfalls die histologische Gewebeuntersuchung erfolgen. Während bei den gutartigen Pineozytomen die Operation heilend erfolgen kann, werden die bösartigen Pineoblastome mit einer multimodalen Therapie bestehend aus Operation, Chemotherapie und Bestrahlung durchgeführt.
Andere Tumore

Fehlbildungstumore wie dysembryoblastisch neuroepthelialer Tumor (DNET), Gangliogliome und Harmatome sind generell als gutartig zu bezeichnen und verursachen häufig Epilepsien. Die operative Therapie ist bei Tumorwachstum oder zur Epilepsiebehandlung notwenig.
Coroidplexustumore liegen typischerweise in den Hirnnervenwasserkammern und werden durch eine Operation behandelt. Im Falle der seltenen bösartigen Plexustumorvariante ist eine zusätzliche Chemo- und Strahlentherapie notwendig.
Bei dem atypisch teraoid rhabdoiden Tumor (ATRT) ist zunächst die Tumoroperation notwendig. Eine anschließende Chemotherapie und Bestrahlung haben in jüngster Zeit deutliche Erfolge bei dieser bösartigen Tumorvariante erzielt.
Spinale Tumore
Tumoren, die die Wirbelsäule und das Rückenmark betreffen, kommen auch im Kindesalter – wenn aus selten – vor. Prinzipiell können nach dem Ort des Auftretens unterschiedliche Tumorarten unterschieden werden.
Intramedulläre Tumore

Tumore, die im Rückenmark entstehen, werden als intramedulläre Tumore bezeichnet. Die häufigsten Tumore in dieser Lokalisation sind Astrozytome, Ependymome, Gangliogliome und Hämangioblastome. Auch Gefäßmißbildungen, (sogenannte Cavernome, kommen im Rückenmark vor. Meistens mach neurologische Symptome, Schmerzen oder eine Körperfehlhaltung auf das Vorhandensein eines solchen Tumors aufmerksam. In den allermeisten Fällen ist das Ziel der notwendigen operativen Behandlung die Entfernung des Tumors und die Sicherung der spezifischen Diagnose durch eine Gewebsentnahme aus dem Tumor. Während der Operation wird immer neurophysiologisches Monitoring durchgeführt, d.h. es werden fortlaufend die Funktionen des Rückenmarks überwacht, um das Risiko einer postoperativen Verschlechterung so gering wie möglich zu halten.
Extramedulläre Tumore

Als extramedulläre Tumore werden Tumore bezeichnet, die außerhalb des Rückenmarks entstehen. Dadurch dass der Raum im Spinalkanal begrenzt ist, führt auch das Wachstum eines extramedullären Tumors zur Kompression des Rückenmarks und der austretenden Nerven. Häufiger vorkommende Tumore innerhalb der Rückenmarkshäute sind Ependymome, Schwannome (Neurinome), Gangliogliome oder Metastasen von Hirntumoren. Außerhalb der Rückenmarkshäute treten zum Beispiel Neuroblastome oder vom Knochen ausgehende Tumoren auf.
Wie auch bei den intramedullären Tumoren ist das Ziel einer notwendigen Operation die möglichst vollständige Entfernung des Tumorgewebes und die Gewinnung einer Gewebsprobe. Bei Tumoren, die auch die knöcherne Wirbelsäule betreffen, ist ein wichtiges Kriterium die Stabilität der Wirbelsäule. Sollte das Tumorwachstum zu einer Instabilität oder Deformität geführt haben, ist eine stabilisierende Operation mit Implantaten notwendig. Alle Operationen können mit neurophysiologischem Monitoring d.h. unter kontinuierlicher Überwachung der Rückenmarksfunktionen während der Operation durchgeführt werden.
Wie auch bei Tumoren des Gehirns werden betroffene Kinder in enger Zusammenarbeit mit den Kollegen der Kinderonkologie, Kinderradiologie, Neuroradiologie und Wirbelsäulenchirurgen behandelt. Alle therapeutischen Maßnahmen werden zuvor in interdiszipinären Konferenzen besprochen und festgelegt, um für jedes Kind die jeweilig beste Therapie zu finden.